Jetzt naturfreundlich wählen!

Nationale Wahlen. Am 22. Oktober finden die nationalen Wahlen statt. Jetzt gilt es ernst! Das Wahlergebnis für National- und Ständerat bestimmt für vier lange Jahre, ob die Politik endlich die Biodiversität besser schützt – oder ob die rasanten Verluste weitergehen und unsere Lebensgrund­lage noch stärker gefährdet wird. Das Umweltrating kann Sie bei Ihren Wahlentscheiden unterstützen.


Raffael Ayé

05.10.2023, Ornis 5/23

Wenn Sie immer schon wissen wollten, wie die heutigen National- und Ständeräte bei Umweltfragen abstimmen, dann gibt Ihnen das Umweltrating unter www.umweltrating.ch präzise Auskunft. Und wenn Sie sich für die Wahlversprechen der wieder oder neu Kandidierenden in Sachen Klima und Biodiversität interessieren, sind Sie beim Umweltrating ebenfalls richtig. Das Umweltrating ist eine Plattform der Umweltallianz mit BirdLife, Greenpeace, Pro Natura, SES, VCS und WWF.

Für das Stimmverhalten der letzten vier Jahre zeigt die Umweltallianz aufgrund der Ratsprotokolle detailliert, wie die Volksvertreterinnen und -vertreter bei Umweltthemen abgestimmt haben: im Nationalrat in 64, im Ständerat in 50 Abstimmungen. Dabei wird deutlich, wer wirklich für die Umwelt einsteht. Beim Wahlversprechen für die nächsten vier Jahre hingegen sagen die Kandidierenden, wie sie sich im Parlament verhalten wollen, wenn sie gewählt werden. Sie hatten die Möglichkeit, 21 konkrete Fragen zu beantworten.

Stimmverhalten analysiert

In Ornis 4/23 vom August hatten wir das Halbzeitrating vorgestellt und warteten gespannt auf die Ergebnisse für die ganzen letzten vier Jahre. Das Stimmverhalten für jedes einzelne Parlamentsmitglied finden Sie im Umweltrating. Hier die Zusammenfassung zu den Parteien (siehe auch Grafik): Grüne, SP, EVP und GLP bleiben die umweltfreundlichsten Parteien im Parlament. Ihre Politikerinnen und Politiker haben sich konsequent für Umweltanliegen eingesetzt. Der Zuwachs an Nationalratssitzen dieser Parteien vor vier Jahren zeigte sich im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode in mehr gewonnenen Umweltabstimmungen im Nationalrat.

Schlusslicht im Umweltrating bleibt die SVP: Deren Vertreterinnen und Vertreter stimmten fast immer gegen Umwelt-anliegen. Enttäuschend ist aber auch, dass bei FDP und Mitte zwei von drei Umwelt-Vorlagen durchfielen. Insgesamt hat die Mitte gegenüber der letzten Legislaturperiode rund 13 % an Umweltfreundlichkeit eingebüsst, was vor allem auf ihr schlechtes Abschneiden bei Natur- und Artenschutzfragen zurückzuführen ist. Die FDP hingegen hat vor allem bei Klimafragen aufgeholt und legte insgesamt um 12 % zu. Damit liegt die Mitte nun weit hinter ihrem Abstimmungsverhalten von früher und etwa gleichauf mit dem Freisinn. 

Doch Politikerinnen und Politiker mit Herz für die Umwelt gibt es auch in diesen beiden Parteien. Hinschauen lohnt sich! Dafür gibt’s das Umweltrating. Es braucht ein Comeback der Umweltpolitik bei der Mitte und mehr Unterstützung für die Biodiversität in der FDP. Mehr gewonnene Umweltabstimmungen im Nationalrat allein reichen allerdings in unserem Zweikammersystem nicht aus. Denn als umweltpolitischer Bremsklotz erwies sich in dieser Legislatur der Ständerat. Er hat im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode stark an Umweltfreundlichkeit eingebüsst und viele Fortschritte des Nationalrats wieder zunichte gemacht. Für eine Trendwende braucht es umweltfreundlichere Kräfte in beiden Kammern, insbesondere im Ständerat.

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Die Grafik zeigt, wie die Nationalrätinnen und Nationalräte der einzelnen Parteien in der zu Ende gehenden Legislatur­periode bei Umweltthemen abgestimmt haben. © Umweltrating

Es geht um viel

Auch die Schweiz spürt die Klima- und Biodiversitätskrisen immer mehr. Der Biodiversität geht es hierzulande besonders schlecht: die Roten Listen der gefährdeten Lebensräume und Arten sind praktisch durchgehend länger als die unserer Nachbarländer. Entsprechend gewinnen Umweltthemen in der Öffentlichkeit an Bedeutung. Dennoch kommt der politische Prozess nur schleppend voran: Die Parlamentsmehrheit stimmt viel zu oft gegen die Natur. Einzig beim Klimaschutz ist mit Netto-Null bis 2050 ein klares Ziel auf dem Weg zu einer umweltverträglichen Zukunft vorhanden. Diesen Schwung gilt es nun auch für die Biodiversität zu nutzen.

Natur- und Umweltschutz sind eine Notwendigkeit für die Menschheit und keine Frage politischer Ideologie. Ob jemand politisch links oder rechts steht, sollte deshalb keine Rolle spielen. Bei den traditionellen bürgerlichen Parteien sind naturfreundliche Politikerinnen und Politiker jedoch klar in der Minderheit. Eine sorgfältige Auswahl der Kandidierenden mithilfe des Umweltratings lohnt sich deshalb umso mehr!

Natur- und Umweltschutz sind eine Notwendigkeit für die Menschheit und keine Frage politischer Ideologie.

Ebenso klar ist: Die Umwelt braucht jede einzelne Stimme – auch Ihre. Das zukünftige Parlament bestimmt über entscheidende Fragen zum Erhalt der Biodiversität. Wenn Sie daher eine Parteiliste Ihrer Wahl nehmen, dann schreiben Sie die Namen von umweltfreundlichen Kandidierenden aus dieser Partei am besten ein zweites Mal auf die Liste und streichen weniger umweltfreundliche Kandidierende. Sie können gestrichene Personen auch mit Kandidierenden anderer Parteien ergänzen, die für die Biodiversität stimmen. Oder nehmen Sie gleich die leere Liste und schreiben Sie die Namen Ihrer Wahl aus mehreren Parteien auf.

Im Ständerat ist die Situation besonders problematisch. Legen Sie deshalb ein besonderes Augenmerk auf die Wahl der Ständerätinnen und Ständeräte. Tipp: Wenn in einem Kanton nur eine umweltfreundliche Person kandidiert, ist es nicht nötig, zwei Namen auf den Wahlzettel zu schreiben. Oft gibt es im ersten Wahlgang keine Entscheidung, weil alle Kandidierenden das absolute Mehr verpassen. Dann ist es wichtig, auch am zweiten Wahlgang im November teilzunehmen.

Wir haben die Chance, mit der Wahl eines umweltfreundlicheren Parlaments dringend notwendige Fortschritte für die Umwelt und insbesondere auch für die stark bedrohte Biodiversität zu erzielen. Bestimmen Sie mit, gehen Sie wählen!

Dr. Raffael Ayé ist der Geschäftsführer von BirdLife Schweiz.

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